Wie oft habe ich diesen Satz gehört und mir gedacht: „F*** you.“ Meistens kam dann im Nachsatz noch die Geschichte von irgendeinem befreundeten Paar mit unerfülltem Kinderwunsch, bei dem, nachdem sie den Kinderwunsch aufgegeben hatten, es dann doch geklappt hat. Komischerweise habe ich solche Paare persönlich nie kennengelernt.
Eher schon haben wir im Adoptionsseminar Leute getroffen, die nach 9 In-vitro-Versuchen und Eizellenspende immer noch weiter machten. Ich dachte mir damals nach meinem ersten In-vitro/ICSI Versuch: „Ich hätte schon längst aufgegeben…“. 6 Versuche später wurde ich eines Besseren belehrt. Man gibt eben nicht so einfach auf. Den Weg einer künstlichen Befruchtung zu gehen, ist ein steiniger Weg – belastend für die Psyche, den Körper, die Beziehung und das Konto. Wir hatten in den 2 Jahren der wiederkehrenden Hormontherapien immer wieder mal Pausen, meist nach Fehlgeburten, die besonders deprimierend waren. Aber Aufgeben war selten Thema. Wir haben immer wieder gehofft und von vorne angefangen – wir hatten doch bereits so viel Energie investiert……
Natürlich sind solche Sätze von Freunden, Bekannten, Familienmitgliedern gut gemeint, aber an alle da draußen: sie helfen echt nicht. Vor allem wird das meist den Frauen und nicht den Männern geraten. In unserem Fall ist nämlich mein Mann nahezu unfruchtbar. Er hatte Mumps als Kind und seine Spermien sind verformt, zu langsam und auch zahlenmäßig zu wenige. Trotzdem bekam er nie Ratschläge was er denn tun könne, um die Spermienqualität zu verbessern.
Ich kann mich auch an einen Versuch erinnern – mit 2 wunderbaren Eizellen höchster Qualität. Wir waren zuvor auf Bali in einem wunderbaren Ayurveda Hotel, ich habe Yoga gemacht, meditiert – ich war kaum in meinem Leben entspannter. Trotzdem wurde ich nicht schwanger….. weil es eben NICHT um Entspannung geht. Solche Phrasen sind verdeckte Schuldzuweisungen und wir in der Sicht von anderen unfähig das „wahre“ Problem und seine Lösung zu erkennen – als ob man sich eh nicht schon von selbst ständig Gedanken machen und von Selbstzweifeln geplagt würde. In Wahrheit verhält es sich nämlich leider folgendermaßen: Wenn es mit dem Kinderwunsch nicht klappt, gibt es Gründe dafür und die sind meist komplexer und schwieriger zu erkennen und beheben, als ein Zuviel an Stress.
Unser 6ter Versuch fiel in eine unglaublich schwierige Phase. Ich hatte in der Arbeit viel zu tun und kurz nach dem Transfer starb ein sehr nahestehendes Familienmitglied plötzlich an einem Herzinfarkt. Ich fiel in ein Loch, heulte ständig und war wahrlich nicht in meiner besten Verfassung. Als ich in der zwölften Schwangerschaftswoche war, war ich immer noch nicht davon überzeugt, dass das kleine Leben weiterwächst und sehr vorsichtig mich zu freuen. Aber die Schwangerschaft schritt voran und das Baby war super gesund. Nun sind wir in der 40. Schwangerschaftswoche und unser Leidensweg erscheint mir wie ein böser Traum, von dem wir glücklicherweise aufgewacht sind.
Mit unserer Geschichte möchte ich zeigen, dass der Weg von In-vitro, Insemination etc. funktionieren und der Kinderwunsch wahrwerden kann. Haltet durch und lasst euch nicht von irgendwelchen Leuten, die keine Ahnung haben, Ratschläge geben. Entspannung, auf sich schauen, gute Ernährung, Bewegung etc. sind sicher förderlich, um die Strapazen der künstlichen Befruchtung besser zu überstehen – aber sie bringen uns keine Kinder.
Update: Christina aus der Oststeiermark hat diese Woche einen gesunden Sohn auf die Welt gebracht.
Alles Gute und danke nochmals für diesen schönen Gastbeitrag!